„Der Weltraum ist schon jetzt zur Schlüsselregion im Wettlauf um die besten Informationen geworden. […] Wer den Weltraum beherrscht, beherrscht die Welt.“- Halford Mackinder
Fragen im Zusammenhang mit der Angst vor der Bewaffnung des Weltraums haben in den letzten zehn Jahren in der öffentlichen Debatte eine bisher beispiellose Bedeutung erlangt. Dazu gehören die internationale Besorgnis, die durch Präsident Reagans Ankündigung des Star Wars-Programms Anfang der 1980er Jahre ausgelöst wurde, und die Unsicherheit nach dem Launch von Sputnik 1 im Jahr 1957. In dieser Synthese werden wir einen umfassenden Überblick über den internationalen Rechtsrahmen für die Bewaffnung und Militarisierung des Weltraums geben.
Teil I: Die Bewaffnung des Weltraums
Die Nutzung des Weltraums zu friedlichen Zwecken ist seit Ende der 1950er Jahre eine der grundlegenden Fragen bei der Regulierung von Weltraumaktivitäten. In ähnlicher Weise ist die zunehmende Bewaffnung des Weltraums ein wichtiges Thema der Debatte innerhalb der Vereinten Nationen. Die Diskussion erhält heute neuen Schwung, nicht nur wegen der neuen offensiven und technologischen Fähigkeiten der Staaten, sondern auch wegen unserer zunehmenden Abhängigkeit von den zivilen und militärischen Dienstleistungen, die dieser Sektor bietet.
So lässt dieser neue Wettlauf um strategische Vorteile Staaten und Privatunternehmen eine Bewaffnung befürchten, die zu einem Angriff auf einen ihrer Satelliten führen könnte (I). Dieser Wettlauf könnte auch in der Öffentlichkeit Besorgnis über die Aussicht auf Angriffe aus dem Weltraum auslösen (II).
(I) Sollten Staaten und Privatunternehmen einen möglichen Angriff auf ihre Satelliten befürchten?
Obwohl es bisher keine direkten Angriffe von Staaten gegen einen ausländischen Satelliten gegeben hat, ist dies angesichts der Vielzahl der heute zur Verfügung stehenden Mittel zur Neutralisierung eines Satelliten (Anti-Satellitenwaffe, Super-EMP, Cyber-Angriffe usw.) eine der aktuellsten Fragen.
Objekte wie Satelliten und Raketen fallen in die Kategorie der Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck, was bedeutet, dass sie sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke genutzt werden können. Derselbe Geolokalisierungssatellit, der für GPS-Anwendungen verwendet wird, kann zur Unterstützung bewaffneter Operationen am Boden eingesetzt werden, und die Trägerraketen, die zur Platzierung der Satelliten im Orbit verwendet werden, haben dieselben Komponenten wie internationale ballistische Raketen.
Zwar werden Angriffe auf ausländische Satelliten im Prinzip als illegal angesehen, aber ihre doppelte Natur und das Fehlen eines klar definierten Gesetzes zur Regelung möglicher Konflikte im Weltraum erschweren es zu bestimmen, was in der Praxis passieren würde. Wenn der Weltraum ohne ein spezifisches jus in bello, das Konflikte regelt, zu einem Schlachtfeld werden würde, käme wahrscheinlich die "Fall back"-Doktrin des Völkergewohnheitsrechts zur Anwendung. Danach darf Gewaltanwendung nur gegen "legitime militärische Ziele", wie sie in Artikel 52 des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Konventionen definiert sind, angewendet werden.
(II) Sollten wir mögliche Angriffe aus dem Weltraum fürchten?
Kurzgefasst: Wie sieht der rechtliche Rahmen für die Positionierung von Waffen im Weltraum aus?
- Artikel IV des Weltraumvertrags von 1967 bleibt der Standard. Darin wird erklärt: "Die Vertragsstaaten verpflichten sich, keine Gegenstände, die Kernwaffen oder andere Massenvernichtungswaffen tragen, in eine Erdumlaufbahn zu bringen und weder Himmelskörper mit derartigen Waffen zu bestücken noch solche Waffen im Weltraum zu stationieren". Wir können Folgendes feststellen:
Kernwaffen sind im Weltraum nicht erlaubt, unabhängig davon, ob sie im Orbit platziert oder auf Himmelskörpern (einschließlich des Mondes) installiert sind, unabhängig von der Absicht hinter einer solchen Platzierung.
Massenvernichtungswaffen sind im Weltraum und auf Himmelskörpern im gleichen Umfang wie Kernwaffen, unter denselben Bedingungen des ersten Punkts, nicht erlaubt.
Es gibt keine ausdrückliche Bestimmung gegen eine solche Verwendung oder Platzierung in der Umlaufbahn für alle anderen Waffentypen, z.B für Waffen, die keine militärische Nukleartechnologie verwenden, und für Waffen, die keine Massenvernichtung verursachen können.
"Die Errichtung militärischer Stützpunkte, Anlagen und Befestigungen, das Erproben von Waffen jeglicher Art und die Durchführung militärischer Übungen auf Himmelskörpern sind verboten", doch "die Verwendung von Militärpersonal für die wissenschaftliche Forschung oder andere friedliche Zwecke ist nicht untersagt".
- Weil Artikel IV des Weltraumvertrags den Begriff "Waffe" nicht definiert, wäre eine mögliche Lösung die Anwendung von Artikel 31 des Wiener Übereinkommens von 1969 über das Recht der Verträge; das Übereinkommen schlägt vor, dass in Abwesenheit einer klaren Definition die Begriffe des Vertrags "nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen Bedeutung" und unter Berücksichtigung des Kontextes des Vertrags im Lichte seines Ziels und Zwecks ausgelegt werden sollten.
- Speilt die Absicht eine Rolle? Einige Gelehrte haben argumentiert, dass Atomwaffen und Massenvernichtungswaffen im Orbit oder auf Himmelskörpern platziert werden können, wenn sie nicht in offensiver Absicht eingesetzt werden, z.B. wenn sie zum Zweck der Verteidigung der Erde gegen Kollisionen mit einem erdnahen Objekt (wie einem Asteroiden) platziert wurden. Diese Theorie wurde ausgeschlossen, weil in den Verträgen die Absicht nicht erwähnt wird.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass der UN-Sicherheitsrat nicht einen Atomschlag gegen einen Asteroiden anordnen kann. Dies wird durch Artikel 103 und Kapitel VII der UN-Charta unterstützt. In der Tat sieht Artikel 103 im Wesentlichen vor, dass die Verpflichtungen aus der Charta Vorrang vor anderen internationalen Abkommen haben müssen, und die Bestimmungen von Kapitel VII verleihen dem Sicherheitsrat das Vorrecht, zum Schutz des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit Gewalt einzusetzen.
In unserer nächsten Analyse werden wir den Unterschied zwischen der Bewaffnung des Weltraums und seiner Militarisierung untersuchen, einige der wichtigsten Vorschläge zur Begrenzung der Bewaffnung vorstellen und die wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung von Gewalt im Weltraum analysieren.
Quellen:
Charta der Vereinten Nationen, https://unric.org/de/charta/
Freudenberg, Dirk: Weltraumgeopolitik – Sicherheitspolitische Aspekte eines (noch) wenig beachteten Forschungsfeldes, in: Österreichische Militärische Zeitschrift 4/2019, S. 473-477, S. 473 und 476.
Internationales Komitee vom Roten Kreuz, Humanitäres Völkerrecht, Kapitel 14, Regel 44 https://ihl-databases.icrc.org/customary-ihl/eng/docs/v1_rul_rule44
SU, J. (2017), Space Arms Control : Lex Lata and Currently Active Proposals, Asian Journal of International Law, 7, pp.61-93
Tronchetti, F. (2015), Legal aspects of the military uses of Outer Space, Handbook of Space Law, Edward Elgar Publishing,
Vertrag über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschliesslich des Mondes und anderer Himmelskörper, https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19670016/index.html
Vienna Convention on the law of treaties (Concluded at Vienna on 23 May 1969) https://treaties.un.org/doc/publication/unts/volume%201155/volume-1155-i-18232-english.pdf
Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll I), https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19770112/index.html
Credits an das indische Verteidigungsministerium und an die US Air Force
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